Freitag, 7. September 2012

I'm good, i'm gone.

Tag 1:
Nach dem ich drei Stunden über die Wolken geflogen bin, löst sich das flaue Gefühl im Bauch langsam auf und verwandelt sich in Stille Vorfreude. Wovor wir in Wirklichkeit alle Angst haben sind Veränderungen – aber wahrscheinlich müssen wir uns nur einlassen.

Nach kurzem Annehmen dieses dahin geschriebenen Scheiß, den ich mir irgendwie so aus dem 'Best Exotic Marigold Hotel' -Film abgedichtet habe, nach einem (meinem) fast überrolltem I-Phone, quasi 48 Stunden Schlaflosigkeit und einem Mix aus unendlich (eher drei) Sprachen, sage ich nun: Leichter gesagt, als getan.

Tag 10:
Cortado (ein kleiner Kaffee, bzw. DIE perfekte Kombi aus Espresso und Milch!) und ein paar Fetzen Rockmusik aus einem weit offen stehenden Fenster. Zum ersten Mal innerhalb der zehn Tage die ich hier bin zieren ein paar Wolken den La Lagunischen Himmel. Es fällt nicht schwer hier so zu sitzen und Einheimische zu spielen. Zwar werden tagtäglich meterlange To-do-Listen abgeharkt, aber eine tatsächlich Einheimische kann ich mich noch nicht nennen. In meiner zukünftigen Heimat wartet ein süßes Leben auf mich, das aber in Wirklichkeit mit einer Vielzahl von Prüfungen einher geht. Damit meine ich jetzt nicht nur die, die man bestehen muss um 'bestehen zu können', sondern auch die, von denen manche Menschen behaupten man würde daran wachsen. Prüfungen wie ‚Wohnung finden’, ‚in der Uni anmelden’, ‚nicht in Sehnsucht zerfließen’ – schonmal Check! Ich will mich ja nicht mit besonderem Ruhm schmücken, aber fünf Flugstunden, 2 Busstunden und eine Autostunde sind eine nicht zu verachtende Entfernung die es zu akzeptieren gilt (und wie jeder weiß, ich akzeptiere immer wahnsinnig schnell).Da kostet ein Notfalltelefonat halt auch einfach mal 15€ und erfüllt dann nicht mal den Zweck, dass hier einen irgendjemand retten könnte. Das kann wohl niemand, außer man selbst und auch das erfordert dann eine extra große Portion Aufheiterungspasta, Aufheiterungsespresso und Aufheiterungs-Skype-Dates mit Menschen die wissen was ich meine; also zum Beispiel andere ‚Eramu’ (spanischer Wortlaut für Erasmusstudent), die sich in der Welt verstreut haben und manchmal nicht mehr ganz genau wissen wieso eigentlich. Die Gründe für das Selbst- und oder Gruppenexperiment ‚Eramu’ sind ebenso Viel- wie Einfältig. Hier auf Teneriffa überwiegt jedoch das Argument: Sonne. Viel diskutiert wird also bisher nur über den Bräunungsgrad, den Vorher-Nachher-Effekt, sowie Mittel zur möglichen Neid-Provokation von Menschen von denen man sich eigentlich gar nicht trennen wollte und plötzlich alle selbst ihre sonst nur schwer zu akzeptierenden Macken romantisiert (nein, eigentlich hat niemand irgendwelche Macken!). Bisher scheinen alle Provokationsmittel ausnahmslos anzuschlagen und das täuscht dann auch direkt über all die quälenden Fragen hinweg, die man sich so nachts bei einem Bier für einen Euro, einer Packung Kippen für 2 und einem ganzen Essen für 5 eben so stellt. Viel wird bei diesem Vorgang wahrscheinlich nicht herauskommen und am Ende bleibt einem nichts anderes übrig als ein sonnig-heißer Strandtag und natürlich, man könnte sagen, einer Hand voller ‚Luxus-Prüfungen’. Kann also sein, dass man am Ende durch solche (und andere) Leiden bald fast alle ‚Non-Eramu-Freunde’ vergrault hat und Aufheiterungs-Skype-Date möglicherweise zu tiefen Depressionen führen. Deshalb; I’m good, I’m gone; dass heißt aber noch lange nicht, dass nur, weil hier andauernd die Sonne scheint, man hier so gar nicht mehr jammern darf. Hallo wo kämen wir da hin? Auch wir haben hier mit ganz normalen Problemen zu kämpfen (wer hätte es gedacht). Tag 10 würde ich jedoch mit einem zufriedenen Lächeln absegnen und ein bisschen verträumt in die Sonne blinzeln. Lange kein Einheimischer, aber 5 Flug-, 2 Bus- und eine Autostunde sind eben einfach nicht zu verachten... da fange dann auch ich irgendwann an zu akzeptieren und mich einzulassen (und natürlich Sonne und Essen sind nicht zu verachten). Da hier niemand weiß was als nächstes passiert, geschweige denn den nächsten Tag voraussehen kann, bleibt es eine spannende und irgendwie kuriose Prüfung- eine, an der man vermutlich nur wachsen kann. 


x Tag 11:
Als ich heute morgen (noch im Halbschlaf) unter der Dusche stehe fällt eine rießige Cucaracha auf mich! Wahrscheinlich habt ihr die Schreie gehört (?)... 

"Willkommen im Paradies, Willkommen in meiner Universität", ließ heute morgen der Präsident der Uni verlauten... ich dachte allerdings, während es mich andauernd durchzuckte, eher, "Willkommen auf der Schattenseite des Paradies". Von Akzeptanz von Kakerlaken war jedenfalls nie die Rede.

Nachdem ich eine dicke Linie 'Kakerlaken-Vernichtungs-Spray' um mein Zimmer gezogen hab und wir eines der Vieher, die schwer so aussah als könnte sie besagter Übeltäter von heute morgen sein, erfolgreich mit dem Besen verjagt haben, gehts mir ein bisschen besser (ein paar leichte Zuckungen sind jedoch geblieben). Die Prüfungen nehmen langsam überhand .... Zeit für ein (oder fünf) kühles Bier!