Dienstag, 19. Februar 2019

crazy little thing called Feierabend.


Ich warte auf etwas, auf was ich niemals warten wollte. Mein Nacken ist verspannt und eine Handbreite unter meiner linken Schulter wird der Daumengroße Knubbel langsam hart wie Stein.  Meine Finger tippen müde auf dem Stück Plastik vor mir herum. Machen klick, klack, klack. Ich summe dazu ein bisschen, popele in der Nase, gähne. Die einzige Pflanze in diesem Raum ist inzwischen ganz blass geworden. Sie ist nicht mal mehr grün, sondern eher fad. So eine Pflanze, die langsam ihre Farbe verliert, habe ich noch nie gesehen. Ich frage mich, ob sie irgendwann weiß wird, oder ob sie vorher stirbt. Sie ist meine Metapher-Pflanze, ich nenne sie 'Über-Ich'. 

Durch die Tür kommt eine Person. Frida. Sie sagt 'naaa bald so weit?'. Ich sage 'ja bald', lächele sie an, eher fad und stelle mir indes vor, ich würde meine Tagesgespräche codieren. Ich überlege mir kurz einige Kategorien: Abkürzungen, Codes, Zeit, Gemüt. Dann schließe ich die Excel-Tabelle und überlege was als nächstes zu tun ist. Meine To-Do-Liste ist genauso lang wie meine imaginäre Ikea-Einkaufsliste. Und ebenso urgent. Frida kommt wieder. Ich werde aus meinen Gedanken gerissen und schreibe deshalb nur Blödsinn auf meinen Notizzettel. Z.B. Gedanken-reißen. Das passiert mir häufiger. Ich versuche mich auf ein kurzes Gespräch mit diversen Abkürzungen und Codes zum Thema Zeit und Gemüt zu konzentrieren.
'Alles ok?' Ich verziehe den Mund zu einem langen Schlitz und lächele mild. Da ich nicht lügen kann, mache ich stattdessen interpretierbare Grimassen. 'ohje'- Schiefer Blick. 'hast du schon das neue Formular ausgefüllt?' 'welches?' 'na das zur Verhinderung von Spaß am Arbeitsplatz!' Frida lacht laut und ich starre in den PC. Ich rolle ironisch mit den Augen und sage 'ha ha'. Über-ich schaut mich traurig an, Frida geht.

All dieses Potenial das hier rumliegt. In Scheiben und ordentlich sortiert. Ich schreibe auf meinen Merkzettel: positive Einstellungen infiltrieren. Sonst bekomme ich noch den Preis für die grummeligste Person, die hier jemals gearbeitet hat, die ständig flucht und blass wird, wenn sie einen elektrischen Schlag von der Türklinke bekommt. Ich arbeite weiter und hart an mir. Ich sehe, dass der Himmel wieder blau wird. Fülle Formulare aus und schreibe Protokolle und Pressemitteilungen. Ich schreibe bis meine Finger wund werden und mein Po dazu. Dann stehe ich auf, lasse mir einen letzten Schlag geben, schaue bei Frida rein, sage ihr Tschüss, wünsche einen schönen Tag, hebe die Hand für einen letzten Gruß und verlasse mit gesenktem Blick das gläserne Gebäude. Die Frau am Empfang schaut kurz hoch, als ich an ihr vorbei gehe und sagt mit einem strahlenden Lächeln, das ebenso schief in ihrem pausbäckigen Gesicht hängt: 'schönen Feierabend'. Ihre Bluse ist wie der Subtext Alarm-rot.