Mittwoch, 4. Juli 2018

klassisch, schnörkellos, fadenscheinig.

 
Wie schlecht ich im los lassen bin. Einzigartig. 

Es ist die klassische End-Zeit-Phase. Ich reagiere wie immer und im Bilderbuch-Style. Ich meine damit: alles, einfach alles. Es fühlt sich an als würde ich innerlich zum Siedepunkt kommen und dann äußerlich einfach übersprudeln. Aber ich lege extra viel Rouge und Lippenstift auf, damit alle denken ich hätte mein Leben im Griff. Denkt und dachte wahrscheinlich noch nie irgendwer, aber ein bisschen möchte ich den (inneren) Schein (?) wahren. Während ich für die ganzen Schichten (vermeintliches) Selbstbewusstsein dann auch locker ne halbe Stunde länger als sonst brauche, laufe ich Zuhause herum wie ein überhitzter, verkohlter Kochtopf, oder wie ein verschrecktes Huhn oder ein ausgesetzter Hund (das Sinnbild könnt ihr euch aussuchen).
Panik ist so ähnlich wie Migräne, es wird nicht unbedingt besser, wenn man weiß was passiert, aber es wird vielleicht erträglicher, wenn man beachtet, dass man bisher immer überlebt hat (was natürlich nie eine Garantie ist, dass man es beim nächsten Mal auch tut). 
Und wie sollte man eine Kack-Übergangs-End-Phase besser nutzen als mit übelen und verachtenswerten Nichts-Tun, Schlafen und Rumeieren? Der Traum einer jeden Perfektionistin, sag ich ja. Wenn es gut läuft schaffe ich es manchmal physisch abzutauchen (im Chlorwasser), wenn es schlecht läuft, vergesse ich auch mal zu duschen. Und dazwischen: feiere ich (manchmal) meine letzten Studienmeter als wäre es 2011 (oder so) und schreibe einen Text* darüber. 

Mein Körper ist ich und ich bin mein Körper und trotzdem tanzen wir getrennt von einander. Die sandigen Füße und die klebrige Haut spüren den Bass, dehnen und bewegen sich. Nehmen den sonderbaren Raum aus Beton, Sand und Gras ein. Lichter vermischen sich mit anderen schwammigen Konturen. Wenn ich mich umsehe leuchten mir wilde Augen entgegen. Sie sehen mich an, wenden sich wieder ab, verschwinden in der Dunkelheit. Ich suche nach Halt in mir, aber da ist nicht viel. 
Ich weiß nicht ob es 2011 oder 2018 ist, denn dazwischen existiert zwar eine ganze Welt, aber manchmal auch nur ein Stück Papier. Manchmal falle ich zurück und kann nicht sagen wohin. Ich existiere dann in einer Art Zwischenwelt, selbst gebaut, gemütlich eingerichtet. Es ist wie Unterwasser, still und gedämpft. Ich kenne das, ich war schon oft hier. Das Außen kann nicht mit dem Innen kommunizieren. Wenn man redet kommen nur Luftblasen zum Vorschein. Das ist schön, aber gleichzeitig hinderlich, wenn man eigentlich etwas zu sagen hätte.
Der Blick ist versetzt, wenn man einen Blick so nennen kann. Ganz nah, aber doch nicht da. So was irritiert mich, aber gleichzeitig lässt es mich Auftauchen. Hallo, hier bin ich wieder. Ein paar Sätze ohne Bedeutung. Tief durchatmen und dann wieder versinken. Manchmal dauert es Ewigkeiten, manchmal Sekunden. Dann bitzelt es auf meinem Gaumen und kitzelt in meinem Bauch. Dann zieht es mich in die Tiefe und ich habe Angst dass ich nie wieder Luft bekomme.
Meine Kehle schnürt sich zusammen, mein Herz rast. Panik in allen Körperteilen. Zappelnde Füße und Hände. Ein Teil von mir will gerettet werden, ein anderer einfach verschwinden. 
Bevor alles Dunkel wird vergeht so viel Zeit. So viel wie ich will. Als meine Ohren schon rauschen finde ich den Weg wieder und spüre einen kleinen spitzen Stein zwischen meinen Fußzehen. Aua. Dann bin ich wieder eins, da, lege mich auf einer sandigen, zersetzten Matratze ab und träume vielleicht doch nicht. Es ist 2018, ich ziehe an der Zigarette in meinen Händen, starre in die Nacht, auf das ganze Beton über mir. Dumpf hört man ein leises Sausen und Zischen. Es sind die Autos, die über mir her rasen, oder der Wind.